DER ATMO-NEWSLETTER ZUR WAHL
In Zusammenarbeit mit Weltreporter.net


FOLGE 4: Ein Monstersturm und seine Folgen •••  Don’t mention „Climate Change“! ••• Umweltverschmutzung für Deutschland

Liebe Leserinnen und Leser,

herzlich willkommen zur vierten Folge von greening USA, dem wöchentlichen atmo-Newsletter zur Präsidentschaftswahl, in Zusammenarbeit mit Korrespondent:innen von Weltreporter.net! Vielen Dank auch für die vielen positiven Reaktionen auf unser Gratis-Angebot. Wir freuen uns wirklich sehr, dass Ihnen unser Blick auf den US-Wahlkampf mit dem besonderen Fokus auf Klima- und Umweltthemen so gut gefällt. Bitte leiten Sie diesen Newsletter gern an Freund:innen und Bekannte weiter. Wer es noch nicht getan hat – die Anmeldung zum Abo finden Sie hier. Und bitte schreiben Sie uns weiterhin, wenn Sie Fragen haben, Anregungen oder Kritik. Sie erreichen uns unter: greeningusa@atmo-magazin.de.

In der vorherigen Ausgabe haben wir Sie gefragt, ob sich deutsche Politiker:innen stärker gegen den Präsidentschaftskandidaten Donald Trump engagieren sollten. Sie, liebe Leserinnen und Leser, wünschen sich offenbar mehr Mut und Einsatz: 71 Prozent wären dafür. Nur 14 Prozent sind dagegen, die Übrigen sich nicht ganz sicher. Vielen Dank für Ihre Teilnahme! Unsere neue Frage der Woche finden Sie wie immer weiter unten.

Am 18. März 2013 erschien in der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“, die von der Nationalen Akademie der Wissenschaften in den USA herausgegeben wird, ein bahnbrechender Artikel. Darin analysierten die Klimaforscher:innen Aslan Grinstedt, Svetlana Jevrejeva und John C. Moore den Zusammenhang zwischen immer höheren Meeres- und Lufttemperaturen und der Intensität von Stürmen, die vom Atlantik kommen. Ein Hurrikan wie Katrina, der im August 2005 an der US-Golfküste 1800 Menschen das Leben gekostet und Schäden in Höhe von 100 Milliarden Euroangerichtet hatte, würde bei weiterer Erwärmung der Meere von der Ausnahme zur Regel werden. Auch die Intensität einst „normaler“ Wirbelstürme nähme zu. Eine Erhöhung von 0,4 Grad führe zu einer Verdoppelung von Sturmfluten wie die durch Katrina verursachte. Bei einer Erwärmung des globalen Klimas um zwei Grad kämen solche „Jahrhundertstürme“ künftig alle zwei Jahre vor, prognostizierten die Wissenschaftler:innen.

Elf Jahre später, im Mai 2024 – an Floridas Südspitze Key West wurde mit 46 Grad Celsius gerade ein neuer Hitzerekord aufgestellt – unterzeichnete Gouverneur Ron DeSantis eine Anweisung, die Formulierungen wie „Klimawandel“ oder „Globale Erwärmung“ aus Floridas Gesetzen verbannte. Der Kampf gegen den „Klimawandel“ wurde von der politischen Prioritätenliste gestrichen. Fortan solle sich die Energiepolitik an dem orientieren, was sich der Bundesstaat „leisten kann“ und nicht an „Klimaideologie“, so der republikanische Politiker:

Ja, aber: Gouverneur DeSantis verwirbelt sich 2023 im Klima-Interview / Quelle: CBS

Angesichts der gewaltigen Zerstörungen, die Hurrikan Milton diese Woche in DeSantis’ Florida anrichtete, angesichts der unfassbaren Regenmengen und der zahlreichen Opfer, wächst bei vielen Klimaschutzaktivist:innen in den USA die Frustration über die selbstmörderische Macht der fossilen Industrien und ihrer politischen Claqueur:innen. Im Falle von Ron DeSantis hat das bewusste klimapolitische Versagen eine beinahe tragische Dimension. Denn die einstige Nachwuchshoffnung der amerikanischen Rechten, die im Vorwahlkampf der Republikaner um die Präsidentschaftskandidatur gegen Donald Trump so spektakulär gescheitert war, gehört zu jenen Regierenden, die eigentlich intelligent genug sind, um die realen Probleme zu sehen, vor denen ein Küstenstaat wie Florida im Zeitalter der Klimakrise steht. 

Im Januar 2019, am zweiten Tag seiner Amtszeit, hatte er verfügt, die Umweltbehörde solle alle „notwendigen Maßnahmen ergreifen, um alle Offshore-Öl- und Gasaktivitäten vor allen Küsten Floridas“ zu verhindern. Auch Fracking untersagte er. 2021 verabschiedete das Parlament auf seinen Vorschlag hin eines der ambitioniertesten Klimaresilienzpakete der USA. Knapp 100 Milliarden US-Dollar flossen in Maßnahmen, dem steigenden Meeresspiegel zu begegnen, den Bundesstaat sturmfester zu machen, die Korallenriffe vor der Küste zu schützen und dergleichen mehr. Es gab nur eine Gegenstimme. Er sei weder ein „Klimawandelleugner“ noch ein „Klimawandelgläubiger“, hatte DeSantis einmal erklärt, bevor er, einige Hunderttausend Dollar Wahlkampfspenden aus der Öl- und Gasindustrie später, das Wort „Klimawandel“ gar nicht mehr in den Mund nehmen mochte. Und so fließen in seinem Bundesstaat weiter Hunderte Milliarden Dollar in die Bekämpfung der Folgen statt in die Beseitigung der Ursachen klimawandelverstärkter Naturkatastrophen, nur weil aus ideologischen Gründen nicht sein darf, was nicht sein kann.

In diesen Tagen wird immer deutlicher, dass die USA nicht vor allem deshalb politisch gespalten ist, weil es unterschiedliche Konzepte für die Zukunft gibt, sondern weil die Bevölkerung mittlerweile in völlig verschiedenen Wirklichkeiten lebt. Die Schamlosigkeit, mit der das Team Trump die Hurrikan-Katastrophen und das menschliche Leid nutzt, um die vermeintliche Unfähigkeit der Regierung Biden-Harris vorzuführen, knüpft an die dunkelsten Erfolge der politischen Propaganda an. Ihr Wesen besteht darin, den Unterschied zwischen Lüge und Wahrheit zu verwischen und als „Meinungsverschiedenheit“ zu verniedlichen. Dabei gilt es, immer wieder jene Lügen zu finden, an die Menschen gerne glauben, weil sie in die kunstvoll vorbereiteten Narrative passen, und diese dann so lange zu wiederholen, bis sie in die Köpfe und Diskurse eingesickert sind. Klar, dass in dieser Propaganda die Regierung Biden-Harris nicht nur angeblich die vom Hurrikan geplagte Bevölkerung im Stich lässt, keine Hubschrauber oder Hilfe schickt, sondern stattdessen „im sonnigen Kalifornien“ bei reichen Spendern um Wahlkampfhilfe buhlt. Und natürlich wird in dieser konstruierten Weltsicht das eigentlich für Katastrophenhilfe vorgesehene Geld laut Trump an „illegale Immigranten“ verteilt, die in ihren von der Regierung bereitgestellten Luxusunterkünften nur darauf warten, amerikanische Frauen zu schänden und zu ermorden, ganz so wie es Ihnen „die Gene“ (Donald Trump) diktieren würden. 


 DIE UMFRAGEN – WER LIEGT VORN?

Kamala Harris
49,4 Prozent

Donald Trump
46,3 Prozent

Mittelwert der „Poll of the Polls“ von New York TimesEconomist und Realclearpolitics
Stand: 4. Oktober 2024


Frage der Woche
Wem nützen Naturkatastrophen wie der Hurrikan Milton mehr im Wahlkampf: Donald Trump oder Kamala Harris? 
Stimmen Sie hier ab


Selbstverständlich ist das alles widerlich und streift wie bei Trumps antisemitischem Superfan, der Kongressabgeordneten Marjorie Taylor Greene, die Grenze zum Wahnsinn. Diese twitterte, „they“ hätten das Wetter mit Lasern manipuliert und würden die Stürme extra in republikanisch dominierte Gegenden schicken, damit die braven Menschen dort nicht wählen könnten. Aber der Wahnsinn wird immer öfter zum Teil des Einerseits-Andererseits, zum Teil der ganz normalen politischen Auseinandersetzung, in der viele Medien in dieser Phase des Wahlkampfes ängstlich darauf bedacht sind, nur ja keine Parteilichkeit zu zeigen. Übrigens nicht nur in den USA. Und so wird – einerseits – meist noch fleißig richtiggestellt, was immer Präsidentschaftskandidat Donald Trump gerade vor sich hin fantasiert, aber eben auch – andererseits – gefragt, ob an dessen Gerede über die „schwache“ Kamala Harris nicht doch etwas dran sein könnte, weil etwa ein Gouverneur Ron DeSantis nicht mal den Hörer abnimmt, wenn die Vizepräsidentin ihn anruft, um Hilfe bei der Bekämpfung der Hurrikanfolgen anzubieten. Dieses mediale Sanewashing, diese Normalisierung nicht nur des Trump’schen Lügengebildes, sondern auch den Lügen seiner Lautsprecher:innen, folgt aus einer Haltung, die faktenferne Propaganda inzwischen beinahe genauso ernst nimmt wie Argumente, die ihre Basis in der Wirklichkeit haben. Eigentlich hätte der Wahlkampf 2016 eine Lehre sein müssen, dass einem so eine Haltung einmal um die Ohren fliegen kann. Im Falle von Hurrikan Milton als Teil des Wahlkampfs gilt dies gerade im schlimmsten Sinne des Wortes.

Wenig verwunderlich gehören auch bei einer Katastrophe wie dieser wieder die Ärmsten zu den Opfern, die am wenigsten für die Ursachen können, aber am heftigsten von den Folgen betroffen sind. Sie fliegen nicht im Privatjet zum Wochenende an Floridas Küste, verfügen in der Regel auch nicht über sturmsichere Villenanwesen oder über finanzielle Mittel, um das alles in Fünfsternehotels als Ersatzunterkunft zu überstehen. Und auch die nicht ganz so Armen verfügen längst nicht mehr über die Mittel, um sich eine der in den vergangenen Jahren dramatisch verteuerten Versicherungen zu leisten, die Ersatz für ihre zerstörten Häuser leisten würden. Um die große Ungerechtigkeit, die angesichts von Umweltkatastrophen und -zerstörungen in den USA gegenüber den weniger Begüterten herrscht, geht es in dem Interview, dass Kerstin Zilm von Weltreporter.net für diese Ausgabe von greening USA mit Professor Robin Saha aus Montana geführt hat. Die Befunde von ihm und seinen wissenschaftlichen Mitstreiter:innen sind erschütternd. Und Deutschland Gier nach Flüssiggas hat auch etwas damit zu tun. Aber immerhin sieht Professor Saha auch Gründe für Optimismus. Aber lesen Sie selbst!

Herzlichst

Fred Grimm, atmo-Redaktion

Sie möchten mehr fundierte Recherchen zu Umwelt-, Klima- und Naturschutz lesen? Dann unterstützen Sie atmo – das neue unabhängige Umweltmagazin vom Team des ehemaligen Greenpeace Magazins. Damit atmo Anfang 2025 erscheinen kann, brauchen wir bis Dezember 17.000 Abos. Seien Sie dabei!

„Wir schieben das Problem auf die nächste Generation“

Professor Robin Saha ist Direktor der Fakultät für Umweltstudien an der University of Montana in Missoula, Montana. Er untersucht seit Jahren, wie giftige Luft, verseuchte Böden und Grundwasser mit sozialer Ungerechtigkeit und Rassismus zusammenhängen. Im Mai veröffentlichte er gemeinsam mit anderen Wissenschaftler:innen eine Studie zu den katastrophalen Folgen des Flüssiggas-Ausbaus an der US-Golfküste, von der aus auch Deutschland beliefert wird. Kerstin Zilmvon Weltreporter.net erzählte der Forscher, warum er trotz allem auf eine bessere Zukunft hofft.

Detektivarbeit: Professor Saha weist nach, wie Flüssiggas Luft und Wasser verseucht  / Quelle: Privat

Deutschland wurde nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine zu einem der größten Kunden für Flüssiggas (LNG) aus den USA. Die meisten denken vermutlich nicht darüber nach, welche Konsequenzen die Gewinnung für die Regionen hat, aus dem dieses Gas kommt. Die Umweltschäden treffen vor allem ärmere Menschen, ein Phänomen, das Sie als „Environmental Injustice“ erforschen, richtig?

Ja, und besonders davon betroffen ist die US-Golfküste. In Louisiana und Texas stehen die meisten Export-Terminals. Der Abbau von Gas, der Transport durch Schiffe und Züge sowie der Bau von Pipelines – das alles verbraucht riesige Mengen Energie und verursacht eine Menge Verschmutzung in der Luft und im Wasser. In den Gemeinden in der Nähe dieser Anlagen leben mehrheitlich People of Color und Menschen mit wenig Einkommen – Menschen an der Armutsgrenze oder unterhalb. Es sind vor allem Afroamerikaner, aber auch Indigene und Familien mit hispanischen Wurzeln. Die Verschmutzung hat nicht nur Folgen für deren Gesundheit, sondern auch für deren Lebensunterhalt. Viele von ihnen leben vom Fischen und das ist nur noch eingeschränkt möglich. Dazu kommt die Zerstörung von Feuchtgebieten für den Bau der Terminals, was wiederum zu mehr Überschwemmungen führt, ganz zu schweigen davon, dass die Anlagen meist nicht so gebaut sind, dass sie den sich häufenden, verheerenden Hurrikanen standhalten könnten. Der zunehmende Export von LNG hat enorme Konsequenzen für Menschen und unseren Planeten.

Sie sprechen in Ihrer Studie von sogenannten „sacrifice zones“, also Zonen, in denen von jenen, die dort leben, für andere außerhalb der Gemeinden Opfer gebracht werden. Das ist ungerecht. Wie messen Sie diese „Environmental Injustice” in Ihren Studien?

Die Grundlagen dafür sind einfach: Landkarten, Volkszählungsdaten und Interviews mit Menschen, die in einem Umkreis von drei Meilen der Anlagen leben (Anmerkung: Das sind umgerechnet etwa fünf Kilometer). Bei unserer neuesten Studie haben wir entdeckt, dass diese LNG-Terminals demselben Muster folgen wie zuvor die Anlagen der Petrochemie, der Öl- und Gasindustrie. Texas und Louisiana verfügen über die die zehn größten petrochemischen Anlagen der USA. Die Küste zwischen New Orleans und Baton Rouge in Louisiana wird wegen der vielen giftigen Abgase, die diese Industrie ausstößt, auch „Cancer Alley“, Straße des Krebes, genannt. Das ist auch historisch interessant. In der Region hat Rassismus Geschichte. Hier waren viele Sklavenplantagen. Versklavte Menschen, die ihre Freiheit bekamen, blieben oft in der Gegend. Sie schufen sich ihre eigenen Gemeinden, meist in der Nähe des Wassers auf der Grundlage von Fischerei und Landwirtschaft. Genau da haben sich diese Industrien niedergelassen. Sie haben bestehende Gemeinden vertrieben. Die Schulen, Kirchen, Häuser derer, die geblieben sind, sind hohen Konzentrationen von Luftverschmutzung ausgesetzt. Dazu kommen vergiftetes Sickerwasser, Explosionen, Feuer und anderes. 

Ist das nur in Texas und Louisana zu beobachten?

Diese Muster finden wir über Jahrzehnte auch in anderen Regionen der USA. Es gibt zahllose Studien darüber. 1987 wurde eine wegweisende Untersuchung veröffentlicht: Toxic Waste and Race in the United States. Sie zeigte, dass People of Color unverhältnismäßig stark von giftigen Abfällen belastet waren. Zwanzig Jahre später haben Kollegen und ich untersucht, ob sich die Situation verbessert hat. Die Lage hatte sich verschlechtert. People of Color lebten nach wie vor überdurchschnittlich oft in der Nähe von Giftmüllanlagen und waren überdurchschnittlich hoher Luftverschmutzung ausgesetzt. 

„Sacrifice zones“: Blick von einem Friedhof auf Exxons Ölfelder in Louisiana/ Quelle: HRW

Befürworter des Ausbaus von LNG-Anlagen und dem Abbau von fossilen Brennstoffen generell argumentieren, dass die Gemeinden, in deren Nähe das geschieht, auch davon profitieren – durch mehr Jobs und höhere Steuereinnahmen. Stimmt das?

Das ist eine falsche Darstellung der Realität. Wir weisen in unserer Studie darauf hin, dass nur zehn Prozent der Beschäftigten in der Öl- und Gasindustrie Schwarze sind und dass ihr Lohn 23 Prozent niedriger ist als der von Weißen. In der Fracking-Industrie sind weniger als 4 Prozent der Beschäftigten Schwarz. Der Bevölkerungsanteil von Schwarzen in Louisiana beträgt über 30 Prozent. Die Unternehmen, die sich an der Golfküste ansiedeln, bekommen Steuervorteile, manche bezahlen gar keine Gemeindesteuern. Die gut bezahlten Jobs gehen meistens an Leute von außerhalb. Diejenigen, die vor Ort leben, bekommen die schlechtbezahlten und gefährlichen Arbeitsplätze. Die Unternehmen belasten die Anrainer, ohne sie wesentlich an den Gewinnen zu beteiligen. 

Wenn all das seit Jahrzehnten bekannt ist und Unternehmen vor dem Bau von Großprojekten Umweltstudien vorlegen müssen, warum werden Projekte, die große Umweltschäden verursachen, weiterhin in Gemeinden gebaut, die schon jetzt sacrifice zones sind? Wer genehmigt das? 

Das ist die FERC, die Federal Energy Regulatory Commission. Ihre Mitglieder werden von der US-Regierung ernannt und sollen politisch unabhängig entscheiden. Wir weisen in unserer Studie nach, dass die Berichte der Kommission mangelhaft und sogar fehlerhaft sind. Sie berücksichtigen meist nur die Konsequenzen, die der Bau einer neuen Anlage hat, und nicht die Ungerechtigkeiten, die sich über Jahrzehnte ansammeln. Sie weisen auf Gefahren hin, aber die Berichte haben meist keine Konsequenzen. Sie sind nur eine Pflicht, die abgehakt wird.


7,5

mal größer ist in den USA die Wahrscheinlichkeit für People of Color, an Asthma zu erkranken, als für weiße Amerikaner:innen. 
(Studie: George Washington University, 2024)


Präsident Joe Biden hat den Ausbau der LNG-Gewinnung vorläufig gestoppt, um weitere Untersuchungen der Umweltfolgen/schäden zu ermöglichen. Ein Bundesrichter in Louisana hat diese Anordnung rückgängig gemacht, weil sie die Wirtschaft schädigen würden. Wieviel Macht haben ein US-Präsident oder eine US-Präsidentin überhaupt noch in solchen Fällen?

Der US-Präsident hat mit dem Kongress zusammen großen Einfluss. Wir denken, die Regierung könnte und müsste viel weiter gehen und neue Gesetze schaffen. Die derzeitige Entwicklung in Sachen Flüssiggas widerspricht unseren Verpflichtungen gegenüber dem Pariser Klimaabkommen. Sie widerspricht auch unseren eigenen Zielen, den CO2-Ausstoß bis 2030 um 50 Prozent zu reduzieren. Die sozialen Kosten von Luftverschmutzung müssten ehrlich berechnet und in Kalkulationen einbezogen werden. Das alles kann eine Regierung bewirken.

Also ist es wichtig, wer im Kongress die Mehrheit hat und wer im November die Präsidentschaftswahl gewinnt?

Natürlich. Absolut. Trump hat klar gemacht, dass er mehr fossile Brennstoffe abbauen will. „Drill, Baby, Drill“ ist sein Motto. Das widerspricht unseren nationalen Interessen, den Interessen der Menschen, die in den Gemeinden leben, neben denen gebohrt wird. Seine Politik würde das notwendige Abnabeln unserer Gesellschaft von fossilen Brennstoffen verzögern.


„Es ist ein Widerspruch, einerseits zu sagen, dass Kamala Harris sich energisch für eine Politik einsetzt, die den Klimawandel ernst nimmt, und andererseits den Abbau von fossilen Brennstoffen zu befürworten.“


Die Kandidatin der Demokraten, Kamala Harris, hat ihre Position zum Fracking geändert – mit ihr wird es kein Verbot der Technik geben. Ein Fehler?

Ich vermute, sie denkt dabei vor allem an Wählerstimmen im Swing State Pennsylvania. Aber natürlich ist es ein Widerspruch, einerseits zu sagen, dass sie sich energisch für eine Politik einsetzt, die den Klimawandel ernst nimmt und andererseits den Abbau von fossilen Brennstoffen zu befürworten. Die Strategie, alle Energiequellen zu nutzen, ist nichts anderes, als beim Status Quo zu bleiben. Wir schieben damit das Problem auf die nächste Generation ab.

Das ist die perfekte Überleitung zu meiner letzten Frage: Sie unterrichten an einer Universität in Montana, einem US-Bundesstaat mit republikanischen Mehrheiten im Parlament und einem republikanischen Gouverneur. Wie beliebt sind Ihre Kurse und Vorlesungen zu Umweltgerechtigkeit? Ist das Interesse gestiegen in den letzten Jahren?

Oh, ja! Wir haben an unserer Universität auf Wunsch der Studierenden einen Studiengang zur Untersuchung von Folgen des Klimawandels eingerichtet. Der ist sehr beliebt. Interesse und Leidenschaft für das Thema sind sehr groß. Die Jugend hier macht sich extrem Sorgen um die Zukunft unseres Planeten, einer Zukunft mit Problemen, die sie von unserer Generation erben. Sie sind aktiv daran beteiligt, Lösungen zu finden. Ich glaube, sie werden Politikerinnen und Politiker wählen, die den Klimawandel ernst nehmen. Sie mögen zynisch sein, was Politik angeht, wie so viele Menschen, aber ich sage in meinem Unterricht, dass es wichtig ist, sich zu engagieren und zu wählen. In den USA haben viele Bewegungen für soziale Gerechtigkeit, für Rechte von Frauen, für Umweltschutz und gegen Kriege an Universitäten begonnen. Die Studierenden inspirieren mich und geben mir Hoffnung.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Konzept Environmental Justice hat seinen Ursprung in der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung. 1991 wurde auf dem ersten „National People of Color Environmental Leadership Summit“ 17 Prinzipien formuliert, nach denen der Benachteiligung von „People of Color“ durch die Verschmutzung der Umwelt begegnet werden sollte. Präsident Joe Biden verknüpfte einige dieser Grundsätze mit seiner Klimaschutzpolitik, aber die Erfolge sind überschaubar. Immerhin versucht sich die Regierung in Transparenz und informiert auf einer eigenen Webseite über entsprechende Maßnahmen. 


AUFGELESEN

Andrea Junker ist ihren 276.000 Follower:innen auf X unter dem Namen Strandjunker bekannt. Für uns stellt sie aktuelle Kommentare aus dem US-Wahlkampf zusammen. Diesmal geht es in die Welt des Verbrechens.

I didn’t need Bob Woodward to tell me Donald is worse than Nixon.

Mary L. Trump @MaryLTrump


Polls be like:
Is Donald Trump guilty of the crimes he has been accused? Yes: 60% No: 34%
Is Donald Trump a moral monster?
Yes: 74% No: 20%
Is Donald Trump going to hell?
Yes: 90% No: 7%
Who are you voting for?
Harris: 49% Trump: 47%

Fireborn @firebornnn


The fact that this election is even close is a terrible indictment of the American public. I don’t know if we should blame it on a lack of morals or a lack of intelligence, but the fact that a man like Trump has not been completely rejected makes me ashamed of our country.

Khashoggi’s Ghost @UROCKlive1


At some point we have to talk about how Julius and Ethel Rosenberg were executed for far less than what Donald Trump did and is still actively doing.

Andrea Junker @Strandjunker


Sie haben Fragen oder Anregungen? Schreiben Sie uns an:
greeningusa@atmo-magazin.de