DER ATMO-NEWSLETTER ZUR WAHL
In Zusammenarbeit mit Weltreporter.net
FOLGE 5: Geburtstagskind im Wahlkampf ••• Republikanische Klimaschützer:innen ••• Die Kraft der guten Nachbarschaft
Liebe Leserinnen und Leser,
herzlich willkommen zur fünften Folge von greening USA, dem wöchentlichen atmo-Newsletter zur Präsidentschaftswahl, in Zusammenarbeit mit Korrespondent:innen von Weltreporter.net! Vielen Dank für die vielen positiven Reaktionen auf dieses Gratis-Angebotmit dem besonderen Fokus auf Klima- und Umweltthemen im US-Wahlkampf. Bitte leiten Sie diesen Newsletter gern an Freund:innen und Bekannte weiter. Wer es noch nicht getan hat – die Anmeldung zum kostenlosen Abo von greening USA finden Sie hier. Und bitte schreiben Sie uns weiterhin, wenn Sie Fragen haben, Anregungen oder Kritik. Sie erreichen uns unter: greeningusa@atmo-magazin.de.
Am Sonntag feiert US-Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris Geburtstag. Der Wahlkampf befindet sich allerdings längst in einer Phase, in der es keine Geschenke mehr gibt, schon gar nicht für Frauen, die es wagen, sich um hohe Ämter zu bewerben. In der vorherigen Ausgabe haben wir einen kurzen Blick auf die „Äquidistanz“ geworfen, die viele klassische US-Medien – und auch viele deutsche – zwischen Kamala Harris und Donald Trump legen. Nur ja keine Parteilichkeit erkennen lassen, im Dienste einer scheinbaren Objektivität.
Doch in Zeiten, in denen der eine Kandidat ankündigt, seine politischen Gegner „im Inneren“ mit Hilfe des Militärs anzugehen, weil sie „gefährlicher als Russland“ seien, in Zeiten, in denen er „Sammellager“ für 15 Millionen Migranten ankündigt, die er aus dem Land deportieren lassen will, in Zeiten, in denen er steif und fest behauptet, dass amerikanische Jungen in Schulen erzwungene Geschlechtsumwandlungen über sich ergehen lassen müssten, sollte Kamala Harris die Wahl gewinnen – die im Übrigen von Geburt an „geistig behindert“ sei und ihre Karriere ihren Blowjobs verdanke – ja, das verbreitet er wirklich –; in diesen Zeiten wirkt es eigenwillig, Kamala Harris beispielsweise dafür zu kritisieren, dass sie in Interviews häufig das Gleiche erzählt oder ihr politisches Programm nicht regelmäßig in aller Ausführlichkeit bis in alle Unterpunkte vorträgt.
Doppelstandards: US-Journalistin Stephanie Ruhle macht sich Luft / Quelle: MSNBC
Der seltsam herablassende Ton, in dem etwa der Spiegel regelmäßig über Kamala Harris schreibt, widerspiegelt eine männliche Journalistensicht, der es Kandidatinnen offenbar grundsätzlich nicht recht machen können. „In Erie versucht sich Harris als eine Kandidatin zu präsentieren, die im Gegensatz zu Trump die Nöte der einfachen Leute kennt,“ steht da und: „Harris stellt Trump als einen Mann dar, der keine Skrupel hat, die amerikanische Demokratie zu zerstören.“ Sie „versucht sich zu präsentieren“, diese Formulierung suggeriert eine Beobachterposition, als sei es an dem deutschen Reporter zu beurteilen, ob der „Versuch“ gelingt. „Stellt dar“ verniedlicht den realen Putschversuch vom 6. Januar 2021 ebenso wie die fortwährenden Attacken auf die kommenden Wahlen, deren Ergebnis Donald Trump nur anerkennen will, wenn er gewinnt.
Ähnlich wie Hillary Clinton im Wahlkampf 2016 kann eine Frau aus der Sicht vieler männlicher Kommentatoren einfach keine überzeugende Figur abgeben. Trägt sie brav ihre politischen Pläne vor, ist sie zu akademisch und es fehlt an Gefühl. Lacht und umarmt sie, ist sie zu emotional. Hat sie Kinder, ist sie zu mütterlich und es fehlt an der Härte. Hat sie keine, ist sie zu hart und nicht demütig genug. Betont sie Umwelt- und Klimathemen, vergisst sie den einfachen Arbeiter. Spricht sie über eben diesen, „versucht“ sie es nur. Achten Sie in der Berichterstattung der kommenden Wochen doch mal drauf und schreiben Sie uns gern, wenn Ihnen etwas auffällt.
DIE UMFRAGEN – WER LIEGT VORN?

Kamala Harris
49,4 Prozent

Donald Trump
47,2 Prozent
Mittelwert der „Poll of the Polls“ von New York Times, Economist und Realclearpolitics.
Stand: 18. Oktober 2024
Frage der Woche
Wird über Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris anders berichtet, weil sie eine Frau ist?
Stimmen Sie hier ab
Wir wollen uns in dieser Folge von greening USA aber auch einmal von der ganz großen Wahlkampfarena ab- und der Klima- und Umweltpolitik in den kleineren amerikanischen Städten und Gemeinden zuwenden. Wir freuen uns sehr, dass sich Mareike Moraal von der Heinrich-Böll-Stiftung in Washington DC für atmo die Zeit genommen hat, von ihren Reisen und Eindrücken zu erzählen. So ausgeprägt das Schwarz-Weiß-Denken in der Endphase eines Wahlkampfes naturgemäß ist, so vielfältig stellt sich manches dar, wenn man genauer hinschaut. In diesem Zusammenhang ist durchaus spannend, dass auch bei den Republikaner:innen eine kleine Minderheit einfordert, das Thema Klimaschutz endlich ernst zu nehmen.
Auf dem Wahlparteitag im Juli hatten junge Republikaner:innen sogar einen eigenen Stand und versuchten die Delegierten daran zu erinnern, dass im Wort Konservatismus „Konservieren“, also „Bewahren“, steckt. In der New York Times erinnerte einer von ihnen, Buchautor Benji Backer, daran, dass Republikaner einst Vorreiter beim Umweltschutz gewesen sind und fordert, die Partei müsse auch beim Klimaschutz endlich vorangehen. Tatsächlich zeigen Umfragen, dass für ihre Wähler Klimaschutz mittlerweile ein beinahe vergifteter Begriff ist, konkrete Maßnahmen aber durchaus hohe Zustimmungswerte erfahren. So sind 77 Prozent der republikanischen Wähler dafür, Öl- und Gas-Unternehmen für Schäden an ihren Leitungen zu belangen, aus denen Methan entweicht. Und immerhin 54 Prozent möchten, dass die USA sich auch international für die Senkung der Treibhausgasemissionen engagiert. Maraike Moraal hat erlebt, wie diese scheinbaren Paradoxe auf lokaler Ebene durchaus zu politischen Fortschritten führen können.
Viel Spaß beim Lesen!
Herzlichst
Fred Grimm, atmo-Redaktion
PS: Bei der Umfrage in der bislang letzten Folge gab es ein gemischtes Votum. Wir wollten wissen, wem die Hurrikankatastrophen im US-Wahlkampf mehr nutzen würden. 37 Prozent von Ihnen denken, dass Kamala Harris davon profitieren kölnnte. 34 Prozent sagten das über Donald Trump, 29 Prozent meinten, niemand von beiden. Vielen Dank für Ihre Teilnahme. Unsere Frage der Woche finden Sie ein Tickchen weiter oben. Wir freuen uns über Ihre Teilnahme!

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„Es gibt einen starken Gemeinschaftssinn“
Die gebürtige Amerikanerin Mareike Moraal ist Leiterin des Energie- und Umweltprogramms der Heinrich-Böll-Stiftung in Washington. Moraal studierte in Maastricht, Freiburg sowie an der George Washington-Universität und beschäftigte sich wissenschaftlich mit Energierecht und Klimagerechtigkeit. Ganz besonders interessiert sie, wie die Bevölkerung für Umwelt- und Klimaschutzpolitik gewonnen werden kann. Auf ihren vielen Reisen durch die USA gewann sie ein differenziertes Bild dazu, was auf lokaler Ebene alles möglich ist. Fred Grimm von atmo erzählte sie, welche Begegnungen und Initiativen sie dabei besonders beeindruckt haben.

Für Ihre Arbeit in den USA reisen Sie viel durchs Land und haben erlebt, wie die Themen Klima- und Umweltschutz vor Ort angegangen werden. Wie sind Ihre Eindrücke?
Wir organisieren jedes Jahr die „Grow the Future“-Studienreise für junge, aufstrebende Grüne in Deutschland. Dabei müssen die Teilnehmenden nicht in der Partei sein, sondern engagiert an grünen, progressiven Themen arbeiten. Wir wollen zuhören und lernen. Gerade waren wir in Detroit. Vergangenes Jahr haben wir die Stadt South Bend in Indiana besucht, einst ein blühendes Industriezentrum. Dann sind die Unternehmen ins Ausland abgewandert, und South Bend blieb mit einer Reihe leerer Fabrikhallen und vielen Arbeitslosen zurück. Wir wollten wissen, wie die Stadt und die Menschen dort mit der Situation umgehen und wie ein Wiederaufbau gelingen kann, der die Belange des Klimaschutzes mitdenkt.
Da taucht man ja nicht einfach so auf. Wie haben Sie das vorbereitet?
Ich war vorher einige Male persönlich dort und habe viel Hilfe bekommen. In South Bend haben uns das Sustainability Office und deren Initiative, die „Neighborhood Climate Ambassadors”, die University of Indiana sowie lokale Gruppen wie die „Near Northwest Neighborhood Association“ mit ihren Kontakten unterstützt. Erwähnen möchte ich auch „EnFocus“, die frisch gebackene Collegeabsolventen mit lokalen Umwelt- und Social Justice Initiativen verbindet, um gemeinsam Probleme vor Ort anzugehen. Dank weiterer Partner wie der „Bluegreen Alliance“ (BGA), einem Bündnis aus Umweltgruppen und Arbeiter:innen, haben wir immer auch Gelegenheit, mit Gewerkschaftsmitgliedern zu sprechen und von ihren Ansätzen zu lernen.
Was haben Sie aus den Gesprächen mitgenommen?
Mir sind zwei Treffen besonders in Erinnerung geblieben. Das erste war mit einem lokalen Geschäftsmann in South Bend, der alte, heruntergekommene Häuser aufkauft, die von Menschen zurückgelassen wurden, weil sie keine Arbeit mehr finden konnten. Mike hatte das Gefühl, dass seine Nachbarschaft auseinanderfällt und wollte sie wieder aufblühen sehen. Mit Geld aus dem Inflation Reduction Act (IRA) konnte er diese Häuser so sanieren, dass sie nicht nur architektonisch ansprechend sind, sondern auch nachhaltig, gesünder und langfristig auch wirtschaftlicher. Mike wurde ein großer Befürworter im Stadtrat für Klimaschutzmaßnahmen, die helfen Bauten nachhaltiger zu gestalten.
Was hat er genau gemacht? Solarpanels auf den Dächern installiert?
Ja, das auch. Er stellte aber auch sicher, dass die Isolierung viel besser war als zuvor. Und er beschäftigte sich mit dem Thema Wärmepumpen. Gemeinsam mit lokalen Initiativen setzte er sich dafür ein, dass Menschen zum Beispiel für die Installation von Wärmepumpen ausgebildet wurden. Die relativ großen Häuser ließ er in mehrere Wohnungen unterteilen, weil Familien sich die Häuser alleine nicht hätten leisten können. Durch das neue Angebot von Wohnungen wurde in South Bend eine große Lücke geschlossen. Die Menschen kehrten zurück, eine Erfolgsgeschichte.

Sie sprachen von zwei Treffen, die für Sie besonders waren. Wo fand das andere statt?
Ein Besuch in Alabama und Mississippi ist mir ebenfalls in Erinnerung geblieben. Wir trafen dort Menschen von der Universität Mississippi State, die an der Sanierung ihrer Küsten arbeiteten. Ihre Aufgabe lautete: Wie können wir sicherstellen, dass die Fischerei und der Tourismus, die beiden Haupteinnahmequellen, weiterhin gesund bleiben, wenn das Meer schmutziger und wärmer wird? Wie können wir unsere Gemeinden vor Hurrikanen und vor Überschwemmungen schützen?
Ein sehr aktuelles Thema, gerade mit Blick auf den Klimawandel.
Eric, der Mann, mit dem ich gesprochen habe, hat einen tiefen Südstaatenakzent und ist wirklich kein Klimaaktivist. Er arbeitet als Wissenschaftler an der Universität. Mit seinem gesundem Menschenverstand bezog er die Gemeindemitglieder ein, um nach natürlichen Lösungen für die Probleme zu suchen. Er unterstützt zum Beispiel die Menschen bei der Renaturierung der Ufer, die mit der ursprünglichen Bepflanzung wesentlich besser vor Erosion geschützt ist. Es gibt auch eine Maßnahme, bei der die Fischer für jedes kaputte Plastiknetz, das sie zurückgeben und recyceln lassen, 5 Dollar bekommen und so Plastikmüll im Meer und an der Küste vermeiden helfen. Die Leitidee war, dass Gemeinschaften nur dann gedeihen können, wenn die Umwelt um sie herum sauber und gesund ist. Das hat funktioniert, ohne dass der Klimawandel selbst ein Thema war.
73 %
der Republikaner wünschen sich mehr Ölbohrungen vor der Küste – und 70 Prozent mehr große Solaranlagen im Land.
(Studie: Pew Research Center)
Die Zivilgesellschaft ist in den Vereinigten Staaten sehr aktiv, weil es normal ist, sich für die eigene Gemeinschaft zu engagieren. Gibt es etwas, das Deutschland aus der Art und Weise, wie die Amerikaner mit dem Übergang zu einer ökologischeren Wirtschaft umgehen, lernen könnte?
Die politischen Kontexte lassen sich nicht eins zu eins übertragen. Ich denke jedoch, dass es ein paar Lektionen gibt. Die erste wäre, gründlicher über Narrative nachzudenken. Beim Heizungsgesetz zum Beispiel war ja nicht der Vorschlag schlecht, sondern die Art und Weise, wie er umgesetzt und kommuniziert wurde. Familien, die sich das nicht leisten konnten, waren eher ein Nachgedanke. Mit dem IRA aber auch schon vorher mit dem Green New Deal hat man hier nicht Beratern von oben das Feld überlassen, sondern suchte mit einer breiten Basis von Wählern das Gespräch. Dabei wurde vermittelt, dass Klimaschutz wirklich eine Chance ist, eine gerechtere, grünere Wirtschaft mit gut bezahlten Jobs zu schaffen. Und sicherzustellen, dass die Verschmutzer tatsächlich zahlen und die Vorteile des Wandels auch die Arbeiter- und Mittelschicht erreichen. Das hat große Unterstützung auf den Straßen mobilisiert. So gab es eine zivilgesellschaftliche Rückendeckung für die Vorschläge.
Was ist noch passiert?
Der zweite Punkt ist die Suche nach Verbindendem. Die Arbeiter- und die Klimabewegung hatten bis 2005, 2006 nicht wirklich eine gemeinsame Sichtweise. Und selbst danach war es schwierig. Organisationen wie die BGA, die aus Gesprächen zwischen dem Naturschutzverein Sierra Club und der Stahlarbeitergewerkschaft hervorgegangen war, halfen dabei, miteinander ins Gespräch zu kommen und festzustellen: „Hey, wir haben tatsächlich Werte und Ziele gemeinsam.“ Durch die Betonung gemeinsamer Ziele entsteht Vertrauen und es wird möglich, an Themen zu arbeiten, die schwieriger zu lösen sind. Man sieht das auch auf lokaler Ebene, wo Leute in Nachbarschaftsorganisationen zum Beispiel gemeinsame Reinigungs- und Entmüllungsaktionen in der Natur durchführen und so Verbindungen schaffen. So können irgendwann auch schwierige Gespräche über Klima- und Rassengerechtigkeit geführt werden.
„Es ist ein Widerspruch, einerseits zu sagen, dass Kamala Harris sich energisch für eine Politik einsetzt, die den Klimawandel ernst nimmt, und andererseits den Abbau von fossilen Brennstoffen zu befürworten.“
Kamala Harris und Donald Trump liegen in den Umfragen ziemlich nahe beieinander. Gibt es eigentlich wirklich noch eine Mehrheit in den Vereinigten Staaten für eine nachhaltig orientierte Politik? Was denken Sie?
Eine Mehrheit der Amerikaner, über alle Parteigrenzen hinweg, unterstützt Klimaschutzmaßnahmen. Fragt man sie dagegen, ob sie glauben, dass ihre Nachbarn und die US-Bevölkerung im Allgemeinen den Klimaschutz unterstützen, sinkt diese Zahl. Dies ist ein Fall von „pluralistischer Ignoranz“ – eine Mehrheit für Klimaschutzmaßnahmen, die nicht weiß, dass sie eine Mehrheit ist. Die Unternehmen für fossile Brennstoffe und ihre Verbündeten in Politik und Wirtschaft nutzen dies geschickt, um Zweifel und Untätigkeit zu säen. Hinzu kommt, dass viele Menschen in den USA darum kämpfen, Tag für Tag über die Runden zu kommen. Wenn man Klimapolitik macht, muss man sich dessen sehr bewusst sein.
Was bedeutet das konkret?
Obwohl die Inflation in den USA weniger stark gestiegen ist als in anderen westlichen Volkswirtschaften, und sogar wieder zurückgeht, haben die Menschen das Gefühl, dass die Inflation wächst. Das ist auch schwierig für die Akzeptanz eines Gesetzespakets, das „Inflation Reduction Act“ heißt. Ich glaube jedoch, dass die Menschen im Laufe der Zeit mehr davon sehen, einfach weil das Geld in langfristige Dinge investiert wird, wie den Bau einer Solarpanelfabrik, wo dann irgendwann ja auch die Menschen arbeiten können. Da das Geld auf lokaler Ebene ausgegeben wird, verbinden die Menschen es oft mit ihren lokalen und staatlichen Regierungen. Und so haben die Republikaner, obwohl sie im Kongress gegen den IRA gestimmt haben, sich trotzdem vor Ort für jede neu gebaute Fabrik gefeiert. Das schafft lokale Unterstützung für den IRA, selbst in republikanisch regierten Gebieten. Einfach weil es wirtschaftlich absolut Sinn macht. Das gibt mir Hoffnung, dass der Wandel tiefer verankert ist, selbst wenn eine Regierung Trump an die Macht kommen sollte.
Gibt es in den USA junge Politiker oder Kandidaten für den Kongress, die an ökologischen Themen interessiert sind?
Es gibt viele junge, inspirierende Kandidaten, aber sie arbeiten nicht unbedingt an Klimathemen, eher wie der Abgeordnete Maxwell Frost für mehr soziale Gerechtigkeit. Das hängt zwar auch mit dem Klimawandel zusammen, ist aber eben nicht sein Hauptthema. Etwas weniger jung, aber immer noch auf der jungen Seite, besonders für einen US-Senator, ist Brian Schatz aus Hawaii. Er leistet großartige Arbeit in der Kommunikation über das Klima und erreicht auch jüngere Wähler, vor allem in seinen Social-Media-Kampagnen dazu.
Auf keinen Fall vergessen dürfen wir die Abgeordnete Alexandra Ocasio Cortez alias AOC, die auch in Deutschland bekannt ist. Sie kommt aus der Bronx in New York, hat einen Migrationshintergrund, und verdiente ihr Geld mit dem Kellnern. Sie ist eine der besten und bekanntesten progressiven Sprecherinnen, in ihrer Community verankert, und holt Leute dort ab, wo sie sind. Sie verbindet soziale Themen wie Kinderbetreung oder Gesundheit, Wohnen oder Mindestlohn mit ambitionierten Vorschlägen wie dem Green New Deal Es geht dabei darum, die Wirtschaft strukturell anders zu gestalten, damit sie der Umwelt und den Arbeitern dient, nicht der Wirtschaftselite.

Welche Rolle spielt die wachsende Distanz zwischen Demokraten und Republikanern?
Es ist ein Problem, dass bei den Wahlen für das Repräsentantenhaus normalerweise etwa 90 Prozent der Sitze durch das Mehrheitswahlrecht mit seinem Winner-Takes-It-All-Prinzip und aufgrund von Gerrymandering schon vorher vergeben sind. Beim Gerrymandering werden die Wahlkreise so zugeschnitten, dass eine Partei ganz sicher eine Mehrheit bekommt. Das führt zu großer Polarisierung, weil bei den Vorwahlen für die Kandidatur nur die eigenen Anhänger:innen überzeugt werden müssen. Eine Figur wie die Republikanerin Marjorie Taylor Greene, die wilde Verschwörungstheorien verbreitet, käme unter normalen Umständen nie ins Parlament. Aber in ihrem Wahlkreis würde man auch für einen Tisch stimmen, wenn er für die Republikaner kandiert. Es ist schwierig, heute in der Politik Menschen zu finden, die in der Lage sind, mit der anderen Seite zu kommunizieren, weil man nur seine eigenen Leute aktivieren muss.
Das war mal anders. Früher gab es häufiger Zusammenarbeit über Parteigrenzen hinweg, sogar bei Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen. Wie kam es – neben dem Gerrymandering – zu diesem Wandel?
Die Heinrich-Böll-Stiftung ist seit den Neunzigerjahren in Washington, D.C. und strikt überparteilich ausgerichtet. Wir hatten anfangs republikanische und demokratische Projektpartner, die wirklich etwas gegen den Klimawandel unternehmen wollten. Das war kein parteipolitisches Thema. Seit der Zeit, als ein Teil der republikanischen Partei, die Tea Party, eine Fundamentalopposition gegen den Präsidenten Barack Obama mobilisierte, und erst recht mit Trump und der MAGA-Bewegung wurden ursprünglich moderate Republikaner herausgedrängt. Für verdiente Politiker:innen wie Liz Cheney, Adam Kinzinger, Mitt Romney und John McCain, bevor er verstarb, gibt es keinen Platz mehr. Ich denke, aufgrund dieser unglaublichen Radikalisierung auf der republikanischen Seite ist es zunehmend schwierig geworden, Demokraten zu finden, die bereit sind, über Parteigrenzen hinweg zu kommunizieren, eben weil es so hoffnungslos erscheint.
Was macht Ihnen trotzdem Mut?
Mir geben die vielen Engagierten Hoffnung, die sich, egal wie stark die Polarisierung auf nationaler Ebene ist, auf lokaler Ebene unermüdlich für eine ehrgeizige und grünere, gerechtere Politik einsetzen. Sie bringen Nachbarn zusammen, teilen ihre Sorgen: Kann mein Kind bei der zunehmenden Luftverschmutzung noch draußen spielen? Sind unsere öffentlichen Schulen ausreichend finanziert, unsere Städte noch erschwinglich, mit guten Arbeitsplätzen und sauberer Luft und sauberem Wasser? Ich glaube, dass es in diesem Land ein unglaubliches Gemeinschaftsgefühl und eine Energie gibt, die nutzbar gemacht werden kann.
Vielen Dank für das Gespräch!
Der Green New Deal Network ist eine der Organisationen, mit denen die Böll-Stiftung in den USA besonders erfolgreich zusammenarbeitet. Das Bündnis aus 15 führenden Klima- und Umweltschutzbewegungen in den USA versucht dafür zu sorgen, dass auf lokaler Ebene nachhaltige Investitionen in die grüne, sozial gerechte Transformation fließen und unterstützt Gemeinden sowie kleine lokale Initiativen mit fachlichem Know-How und praktischer Hilfe.
AUFGELESEN
Andrea Junker ist ihren 276.000 Follower:innen auf X unter dem Namen Strandjunker bekannt. Für uns stellt sie aktuelle Kommentare aus dem US-Wahlkampf zusammen. Diesmal geht es mitten hinein in die Welt des Verbrechens.
The estate of Leonard Cohen is suing Trump over his hijacking of Hallelujah.
That is a sentence I never in a million years could have imagined writing. But here, wherever this is, we are.
Mollie Katzen @MollieKatzen
Y’all out here critiquing Kamala like your guy didn’t just stand on stage and sway to elevator music for 30 minutes.
Bakari Sellers @Bakari_Sellers
I am a Psychologist. Mainstream media, you were obsessed with Biden’s mental decline when he was cognitively fine, but you ignore Trump’s obvious mental decline. He isn’t fine. This man could be President. Why isn’t this the lead story on every news report?
Deacon Blues @DeaconBlues0
At this rate, if Trump is sworn in, JD Vance will invoke the 25th Amendment in the car on the way back to the White House.
Rick Wilson @TheRickWilson
It’s becoming clearer by the hour: Presidential candidate Trump is President Vance’s Trojan horse. — This openly planned coup should scare the hell out of us all.
Andrea Junker @Strandjunker
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